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3.8.2006 taz Ausland 102 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 8
Im Kongo häufen sich Vorwürfe von Betrug und Probleme bei der Stimmenauswertung. Internationale Beobachter sorgen sich um die weitere Entwicklung. Und einige Politiker reden schon von der Möglichkeit, die Wahlen nicht anzuerkennen
AUS KINSHASA DOMINIC JOHNSON
Übermüdete Wahlhelfer schlafen auf großen Stapeln von Wahlzetteln. UN-Soldaten dirigieren mit heftigen Armbewegungen weiße UN-Lastwagen, auf denen sich volle Wahlurnen und Kartons türmen. Um die Sammelstelle der Wahlkommission in Kinshasa herum, wo sämtliche Wahlzettel und Wahlergebnisse der kongolesischen Hauptstadt zusammengetragen und zwecks Überprüfung gelagert werden sollen, herrscht seit Montagmorgen Chaos. Es sieht eher aus wie eine Altpapiersammelstelle als der Ort, wo alle Entscheidungen über die Gültigkeit der Wahlergebnisse Kinshasas gefällt werden sollen.
"Wir fangen an, die Lage in den Griff zu bekommen", sagt diplomatisch ein belgischer EU-Wahlbeobachter am Dienstagabend. Andere sind sich nicht so sicher, dass nach Kongos weitgehend friedlichen und ordentlichen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Sonntag die Probleme nicht doch noch überhandnehmen.
Nach der ersten Auszählung der Stimmzettel, die in der Nacht zum Montag in jedem der rund 50.000 Wahllokale stattfand und deren Ergebnisse vor jedem Lokal ausgehängt wurden, sollen die Zettel und Ergebnisse in 64 "Kompilationszentren" gebracht werden, wo sie auf Fehler untersucht und im Fall einer Wahlanfechtung erneut ausgezählt werden können. Doch im Sammelzentrum von Kinshasa kommen die Wahlurnen teils offen an, Stimmzettel und Ergebnispapiere flattern herum. Unsortierte Papiere türmten sich am Dienstag eine zeitlang meterhoch. Zum Teil sollen Papiere unterwegs verloren gegangen sein. In anderen Fällen sollen entnervte Wahlhelfer die Wahlzettel und Ergebnisse liegen lassen haben und nach Hause gegangen sein. Eine ordentliche Neuauszählung dürfte schwierig sein.
So bereiten sich kongolesische Politiker jetzt auf die Möglichkeit vor, die Wahlen nicht anzuerkennen. Als Erster deutete das am Dienstag Azarias Ruberwa an, Führer der einst im Ostkongo herrschenden proruandischen Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie). Er beklagte Einschüchterung, Wählerbeeinflussung und Betrug im Osten des Landes und verlangte Neuwahlen, wenn die Unregelmäßigkeiten nicht beseitigt würden. Ein Sprecher Jean-Pierre Bembas, Kabilas aussichtsreichsten Gegenkandidaten, der im Westkongo stark ist, drohte ebenfalls mit Nichtanerkennung der Wahl, sollte Bemba nicht in die Stichwahl kommen.
Internationale Wahlbeobachter und UN-Mission wollen von Betrugsvorwürfen nichts hören, lassen aber durchblicken, dass auch sie sich um den weiteren Verlauf sorgen. William Swing, Chef der UN-Mission im Kongo (Monuc), äußerte sich gestern auf einer Pressekonferenz "sehr zufrieden" mit dem Wahltag. Zur Frage, ob die Wahlen frei und fair gewesen seien, sagte er: "Wir sind nicht da, um ein Urteil zu fällen." Die EU-Wahlbeobachter äußerten gestern deutliche Kritik an der Arbeit der Wahlkommission, die sich nicht genügend um die "Transparenz und Integrität" der Wahlgänge gekümmert habe.