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28.7.2006 taz Ausland 80 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 9
In der Hauptstadt Kinshasa wird die Eufor-Truppe wegen ihrer Aufrufe zur Teilnahme an den Wahlen nicht als neutral angesehen, sondern als Stütze von Staatschef Kabila. Wieder greifen Demonstranten ein Bundeswehrfahrzeug an
KINSHASA taz • Erneut sind gestern in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa Fahrzeuge der EU-Einsatzgruppe Eufor von Demonstranten angegriffen und beschädigt worden. Drei französische Soldaten erlitten leichte Verletzungen durch Holzstangen, mit denen wütenden Oppositionelle auf ihr Auto eindroschen. Ein Bundeswehrfahrzeug, in dem unter anderem der taz-Korrespondent saß, wurde mit Steinen beworfen.
Der Vorfall ereignete sich in dem großen Armenviertel Masinas, wo zehntausend Anhänger des Oppositionsführers und Ex-Rebellenchefs Jean-Pierre Bemba dessen Abschlusskundgebung für die Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag erwarteten. Bemba gilt als aussichtsreichster Herausforderer des amtierenden Staatschefs Joseph Kabila und wollte im Laufe des Tages mit einem Triumphzug durch Kinshasa seine Siegesgewissheit unter Beweis stellen. Kabila, der in Kinshasa relativ unbeliebt ist, will heute in diskreterem Rahmen den Wahlkampf beenden.
Zur Abschreckung überflogen gestern Nachmittag zwei französische Mirage-Kampfjets die Hauptstadt im Tiefflug. Die EU hat in Kinshasa insgesamt 1.100 Soldaten stationiert, die der UN-Truppe im Kongo bei der Absicherung der Wahlen helfen und im Notfall auch internationale Wahlbeobachter evakuieren sollen. Deutschland und Frankreich sind die beiden wichtigsten Truppensteller.
Weil Frankreich als Verbündeter Präsident Kabilas gilt, halten viele Menschen in Kinshasa die EU-Truppe für eine Eingreiftruppe zum Schutz des Präsidenten und seines Wahlsieges. Deswegen kommt es jetzt immer öfter zu Zwischenfällen zwischen der EU-Truppe und der Bevölkerung. Am Dienstag war bereits ein Bundeswehrfahrzeug angegriffen worden, als es zufällig in die Nähe einer Oppositionskundgebung geriet. Eufor-Verantwortliche gehen davon aus, dass die Angriffe sich nicht gezielt gegen die EU-Truppe wenden, sondern Teil einer zunehmenden Ablehnung der mächtigen Rolle der internationalen Gemeinschaft bei den Wahlen sind. Weil Eufor in ihrer Kommunikation mit der Bevölkerung diese immer wieder dazu auffordert, sich Aufrufen zum Wahlboykott nicht anzuschließen, sondern ihr Wahlrecht auszuüben, wird sie aber zwangsläufig als Partei gesehen. Mehrere wichtige Oppositionskräfte rufen zum Boykott der Wahlen auf.
DOMINIC JOHNSON