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2.5.2006 taz Ausland 111 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 11
Der mehrfach verschobene Urnengang soll am 30. Juli stattfinden. Dann beginnt auch der vom UN-Sicherheitsrat abgesegnete EU-Militäreinsatz mit deutscher Beteiligung
BERLIN taz • Die ersten freien Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo seit 40 Jahren sollen am 30. Juli beginnen. Diesen Termin für die Parlamentswahl sowie den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl nannte der Chef der kongolesischen Wahlkommission, Apollinaire Malu-Malu, am Sonntagabend auf einer Pressekonferenz in Kongos Hauptstadt Kinshasa.
Kongo mit 60 Millionen Einwohnern befindet sich seit 1996 im Krieg und erlebte davor dreißig Jahre Diktatur. Seit Sommer 2003 regiert eine von Warlords geführte Allparteienregierung das Land und soll es zur Demokratie führen. Seit Ende 2005 stellt Kongos Wahlkommission regelmäßig Wahlen in drei Monaten in Aussicht, aber ständig gibt es technische und politische Verzögerungen. Als Ende März klar wurde, dass der letzte offizielle Wahltermin des 18. Juni nicht zu halten war, hatte die internationale Gemeinschaft Malu-Malu aufgefordert, keinen neuen Termin zu verkünden, bevor nicht sämtliche Probleme ausgeräumt seien. Noch am Samstag hatten Zeitungen in Kinshasa den 23. Juli als neuen Termin ausgemacht.
Die technischen Herausforderungen der Wahl sind immens: In einem Land von der Größe Westeuropas, dessen Provinzen nur auf dem Luftweg miteinander verbunden sind, sollen knapp 26 Millionen Wähler in 53.000 Wahlbüros zwischen 33 Präsidentschaftskandidaten auswählen sowie zwischen 9.632 Parlamentskandidaten für 500 Sitze. Der parteilos antretende Amtsinhaber Joseph Kabila gilt als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat. Südafrika und UNO übernehmen die Logistik.
Auf der Grundlage des Wahltermins treten nun die Planungen für eine EU-Eingreiftruppe zur Absicherung der Wahlen in ihre entscheidende Phase. Eine Truppenentsendekonferenz ist für diese Woche geplant. Der UN-Sicherheitsrat hatte am vergangenen Dienstag grünes Licht für die Eufor gegeben, die laut UN-Resolution 1671 für vier Monate ab dem Wahltermin im Kongo stationiert werden soll - zunächst in Kinshasa sowie in Reservepositionen außerhalb des Landes. Die EU-Truppe soll vor allem der bestehenden, 17.000 Mann starken UN-Mission im Kongo (Monuc) helfen, "eine Situation zu stabilisieren, falls Monuc sich ernsten Schwierigkeiten gegenübersieht", den Flughafen von Kinshasa schützen, sowie "Operationen begrenzten Charakters zur Extraktion gefährdeter Individuen durchführen".
Die letztere, kryptische Formulierung ist ein Freibrief für kurzfristige Blitzeinsätze außerhalb Kinshasas, wie sie offenbar seitens des französischen Kontingents vorgesehen sind. Frankreich und Deutschland stellen je ein Drittel der auf 1.500 Mann angesetzten Truppe. Das Kommando vor Ort führt der Franzose Christian Damay, ehemaliger Fallschirmjägerkommandant; die Mission insgesamt leitet aus Potsdam der Deutsche Karlheinz Viereck. Die politische Kontrolle, einschließlich der Möglichkeit zur Veränderung des Operationsplans, der Kommandokette und der Einsatzregeln, liegt beim Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU.
Die deutsche Beteiligung an der EU-Mission ist noch von politischen Beschlüssen in Berlin abhängig. Ein Beschluss des Bundeskabinetts könnte laut Agenturberichten am 10. Mai fallen. Danach, vielleicht aber erst im Juni, entscheidet der Bundestag.
DOMINIC JOHNSON